Nach einem kurzen Intermezzo per Email ging folgendes Schreiben per Post an die Vorstände des Goethe Instituts, Herrn Ebert und Herrn Prof. Dr. Lehmann:
Sehr geehrter Herr Ebert,
ich wende mich an Sie und Ihren Kollegen im Vorstand, Herrn Prof. Dr. Lehmann, nachdem eine Kontaktaufnahme per Email zu diesem Thema einen eher unkonstruktiven Verlauf genommen hatte.
Kürzlich musste ich feststellen, dass auf der Web- und Facebookseite des Goethe-Instituts systematisch sprachliche Konstrukte verwendet werden, die aktuellen Orthographie- und Grammatikregeln der deutschen Sprache widersprechen („Gendersternchen“) und zudem konsequent auf die Verwendung des generischen Maskulinums verzichtet wird. Während die Entscheidung für eine solche „geschlechtergerechte Sprache“ für den individuellen Gebrauch vollkommen legitim ist, halte ich das im offiziellen Auftritt des Goethe-Instituts für problematisch.
Das Goethe Institut gilt international als quasi die Referenz, wenn es um das Lernen der deutschen Sprache geht, und es gibt sich ja auch selber in seiner Satzung die „Förderung der Kenntnis deutscher Sprache im Ausland“ als Aufgabe. Als Vorsitzender des Deutsch-Ukrainischen Kulturvereins e.V. mit Sitz in Hamburg habe ich häufig mit Menschen zu tun, die gerade erst nach Deutschland gekommen sind und nun die deutsche Sprache lernen wollen bzw. oft müssen.
Dass nun ausgerechnet das Goethe Institut diesen Menschen eine Sprache vorlebt, in der geschlechtsneutrale Sprachformen nicht als generisch, sondern geschlechtsspezifisch interpretiert werden und darüber hinaus nicht standardkonforme Sprachkonstrukte verwendet, schafft Verwirrung und steht im Widerspruch zum o.g., in der Satzung festgeschriebenen Vereinszweck, welcher ja auch Gegenstand des Rahmenvertrags mit dem Auswärtigen Amt ist, der einen erheblichen Teil der Finanzierung des Vereins aus Bundesmitteln regelt.
Auch wenn ich inhaltlich entschieden anderer Meinung bin, respektiere ich die integren Motive, mit der Mitarbeiter Ihrer Organisation sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen. Was aber die jeweiligen Tätigkeiten im Namen des Goethe Instituts betrifft, hoffe ich auf Ihre Zustimmung, wenn ich feststelle, dass es dessen Aufgabe ist, die Sprache in der Form, wie sie von der überwältigenden Mehrheit der Muttersprachler verwendet wird und auch nach aktuellen Orthographie- und Grammatikregeln korrekt ist, zu vermitteln und nicht in der Form, in der manche manche sie sich persönlich wünschten.
Zudem wird das Thema „geschlechtergerechte Sprache“ zur Zeit in der deutschen Gesellschaft sehr kontrovers und oft auch emotional diskutiert. Eine Institution wie das Goethe Institut sollte sich nach meinem Verständnis zurückhalten, hier mit dem Gewicht seines Ansehens einseitig für das politische Anliegen einer Minderheit Position zu beziehen.
Ich brachte meine Bedenken gestern sowohl auf der Facebookseite als auch in einer Email an die Kontaktadresse des Goethe Instituts zum Ausdruck und erhielt auf beide Kontaktaufnahmen eine identisch formulierte Antwort:
Geschlechtergerechte Sprache ist ein in der Öffentlichkeit viel und kontrovers diskutiertes Thema. Das Bundesverfassungsgericht (November 2017) hat geurteilt, dass im Behördenregister neben „männlich“ und „weiblich“ eine „dritte Option“ eingeführt werden muss. Um auch andere Geschlechter neben Frau und Mann sichtbar werden zu lassen, wurden die Formen des gender gap, des Binnen-Is und Gendersternchens entwickelt. Dadurch werden Intersexuelle, Transgender oder Transsexuelle berücksichtigt. Die entsprechende Umsetzung am Goethe-Institut versucht, dem rechtlichen Gebot ebenso Rechnung zu tragen, wie dem Wunsch nach Gebrauch von Varianten, die sich im Sprachgebrauch etabliert haben. Die Anwendung des Gendersternchens ist nicht nur am Goethe-Institut am weitesten verbreitet, es wird auch vom Rechtschreibrat zur Aufnahme in den Duden weiterhin diskutiert, auch wenn es bislang zu keiner abschließenden Empfehlung gekommen ist.Dieser Text ist aus meiner Sicht in mehrererlei Hinsicht eine Zumutung. Nicht nur geht er überhaupt nicht auf meine vorgebrachten Punkte ein, sondern er verwendet auch eine schlicht falsche „juristische“ sowie eine inhaltlich manipulative Argumentation:
Das Verfassungsgericht stellte in seinem Beschluss (kein Urteil!) vom 10.10.2017 [BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16] nicht, wie durch die vorliegende Formulierung impliziert wird, fest, dass ein Gendersternchen o.ä. verwendet werden müsse – vielmehr geht es hier um eine registertechnische Frage des Personenstandrechts, die nichts mit Sprachformen zu tun hat. Hingegen urteilte der BGH am 18.03.2018 [BGH, Urteil vom 13.03.2018 – VI ZR 143/17, NJW 2018, 1671–1675], dass das generische Maskulinum im Zivilrechtsverkehr vollkommen ausreiche. Die Entscheidung des Rats für deutsche Rechtschreibung gegen die Aufnahme des Gendersternchens aus dem letzten Jahr (die gesellschaftliche „Erprobungsphase verschiedener Bezeichnungen des dritten Geschlechts“ solle nicht durch „vorzeitige Empfehlungen und Festlegungen“ des Rats beeinflusst werden) wird dargestellt, als sei das Gendersternchen sei so gut wie im Sprachstandard aufgenommen und dabei irgendwie „vorab“ bereits „empfohlen“, was den Beschluss praktisch genau ins Gegenteil verdreht. In der Antwort wird erklärt, die Verwendung jener „Varianten“ hätten sich „im Sprachgebrauch etabliert“ – das stimmt allerdings nur teilweise, denn man findet sie aktuell fast ausschließlich bei einigen wenigen (regionalen) Behörden und ähnlichen Einrichtungen, die die Einführung „geschlechtergerechter Sprache“ beschlossen haben, vor. Sie haben tatsächlich im Sprachgebrauch praktisch keine Relevanz.Ich würde mich sehr über Ihre Stellungnahme, gern auch öffentlich, freuen.
Sehr geehrte Frau [...],
danke für Ihre Antwort, auch wenn ich mich sehr dafür interessiert hätte, was Ihr Vorstand dazu zu sagen hat.Was für ein Individuum legitim ist - etwa die Entscheidung, durch die gewählte Art, die Sprache zu Benutzen, ein Zeichen zu setzen - ist das nicht zwingend für eine Institution, die zu guten Teilen aus der Staatskasse finanziert wird, um die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland zu fördern. In diesem Kontext ist es nach meiner Auffassung Ihre Aufgabe, die deutsche Sprache so zu präsentieren, wie sie aktuell ist, also im Sinne der geltenden Sprachstandards und der Art, wie die Sprache von der überwiegenden Mehrheit der Muttersprachler verwendet wird. Ja, Sprache verändert sich, und Sie haben sich kraft der Autorität Ihres Instituts offenbar entschieden, dem "ein wenig nachzuhelfen". Von einer Entwicklung der Sprache von unten kann hier keine Rede sein, es ist vielmehr der weltanschaulich motivierte Versuch einer Änderung von oben. Das steht nach meiner Auffassung klar im Widerspruch zum Rahmenvertrag, durch den Ihre Finanzierung durch das Auswärtige Amt geregelt ist.Ich finde es sehr schade, dass Sie genau diesen zentralen Punkt in der Frage, ob es zulässig ist, dass Sie als Goethe-Institut in Ihrer Außendarstellung Sprachformen verwenden, die aktuellen Sprachregeln widersprechen, in Ihren Antworten umgehen und immer nur wieder darauf verweisen, wie gut doch die Verwendung "geschlechtergerechter Sprache" ist. Darum geht es überhaupt nicht! Das Gendersternchen ist nicht "herausfordernd", sondern Stand jetzt schlicht und einfach falsch. Und Sie konfrontieren Menschen, die gerade beginnen, die deutsche Sprache zu lernen, damit.Eine kleine persönliche Note möchte ich doch hinzufügen, auch wenn die, wie oben erörtert, mit der Frage bezüglich des Goethe-Instituts überhaupt nichts zu tun hat: wenn Ihre These stimmt, dass die Sprache das Denken formt und daher durch gezielte "Verbesserungen" an der Sprache gewünschte Veränderungen im Denken der Menschen herbeigeführt werden können, dann möchte ich Sie doch fragen: heiligt der Zweck die Mittel? Ich fühle mich bei so etwas unmittelbar an "1984" erinnert, und als linksliberal eingestellter Mensch überkommt mich ein Schaudern, wenn ich sehe, wie bedenkenlos manche Menschen bereit sind, zu fragwürdigen Methoden zu greifen, wenn nur das Ziel ein "gutes" ist. Allen Umfragen zufolge, die ich bisher zu dem Thema konsultiert habe, ist eine deutliche Mehrheit der deutschen Bevölkerung der "geschlechtergerechten Sprache" gegenüber gleichgültig bis ablehnend eingestellt, wodurch Initiativen, die gestützt auf Funktionen bei Institutionen versuchen, die Menschen in die gewünschte Richtung zu "erziehen", eine deutlich totalitäre [edit: hier wäre wohl "autoritäre" passender gewesen!] Konnotation erhalten. Wehret den Anfängen!
Ich kann dem Autor nur zustimmen, als Beschäftigter einer thüringer Fachhochschule hatte ich Diskussionen mit der Gleichstellungsbeauftragten über die zunehmend lästige Verwendung des Gendersterns in Publikationen der FH, sie sprach dann von ihrem "Kampf an der Gleichstellungsfront". Man zieht zu Felde gegen die deutsche Sprache...
AntwortenLöschenWarum muss ein weiblicher Bundeskanzler "Bundeskanzlerin" heißen, wenn ein Mann eine Person (weibl.) sein muss?
AntwortenLöschenIch finde es völlig in Ordnung, wenn es um eine spezifische Person geht, die Funktionsbezeichnung entsprechend zu verwenden, selbst wenn eine generische Formulierung hier prinzipiell auch möglich wäre. Wenn ich z.B. von einem konkreten Arzt oder einer konkreten Ärztin rede, führt das in der Form zu mehr Klarheit und vermeidet Missverständnisse. Ich denke auch, dass das mehr dem Sprachgefühl der meisten Muttersprachler entspricht (und richtig, ich verwende hier den Begriff "Muttersprachler", da in diesem Kontext vollkommen unerheblich ist, welchen Geschlechtes diese Personen sind und durch die generische Form sämtliche Geschlechter gleich gemeint sind).
LöschenMan sollte das alles m.E. nicht zu ideologisch sehen - weder von der einen noch von der anderen Seite. Mich stört die Nutzung des Gendersternchens beim Goethe-Institut vor allem aus zwei Gründen: zum Einen, weil sie ganz einfach nach aktuellen Sprachregeln nicht korrekt ist und zum Anderen, weil sie aus einer bestimmten Weltsicht heraus grundsätzlich und überall verwendet und damit (völlig unkorrekterweise) impliziert wird, dass, wer das nicht tut, nicht-männliche Geschlechter diskriminiert.
Es ist sehr bedauerlich zu sehen, wie das Goethe-Institut in einer Weise mit der deutschen Sprache verfährt, die an Arroganz kaum zu überbieten ist. Wenn Hinz und Kunz sich ihren eigenen Idiolekt zusammenzuzimmern, bleibt das Ergebnis normalerweise in deren eigenen vier Wänden, das Goethe-Institut hat aber die Aufgabe, korrektes und von der Mehrheit der Muttersprachler gesprochenes und zumindest akzeptiertes Deutsch zu vermitteln.
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